Entwicklungsprofil Lara

 

 

 

 

 

 

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Durchfuehrung ET 6-6

ET 6-6 Entwicklungsprofil

 

 

 

Entwicklungsprofil_Lara

Lara, 5;8 Monate (68 Monate alt), wurde in der Kinderambulanz des Zentrums für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen von Ihrer Mutter vorgestellt. Nach der Schilderung der Mutter wäre sie bereits von verschiedenen Personen darauf hingewiesen worden, dass „mit Lara etwas nicht in Ordnung“ wäre, die Mutter selbst teilte diese Einschätzung jedoch nicht. Sie begründete die Vorstellung Laras damit, dass sie sich nun noch einmal von einer unabhängigen Seite „absichern“ wolle und formulierte als Auftrag folgende Fragestellung: „Lara wird im Frühjahr sechs Jahre alt, und ihre Einschulung steht bevor. Welche Empfehlung würden Sie aussprechen, sollten wir Lara bereits im kommenden Jahr einschulen oder sollten wir noch ein Jahr warten?“
Laut Anamnese verliefen Schwangerschaft und Geburt komplikationslos, Lara wurde nach der vollendeten 38. Schwangerschaftswoche spontan geboren, das Geburtsgewicht betrug 3420 g, die Geburtsgröße betrug 53 cm und als APGAR-Werte wurden nach fünf Minuten „9“ und nach 10 Minuten „10“ notiert. Die Mutter berichtete eine seit dem Säuglingsalter bestehende reduzierte Schmerzempfindlichkeit Laras sowie eine erhöhte Infektanfälligkeit (Erkältungskrankheiten), außerdem eine erhöhte Unfallneigung: Lara hatte insbesondere zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr eine Vielzahl von Stürzen mit deutlichen Prellungen im frontalen Kopfbereich. Lara begann mit vierzehneinhalb Monaten frei zu gehen und sprach die ersten Worte mit elf Monaten. Im kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungsheft (gelbes Heft) war durch den behandelnden Kinderarzt zur U7 (24. Lebensmonat) und U8 (65. Lebensmonat) die Vermerke „allgemeine Entwicklungsretardierung“ notiert, die Mutter maß dem nach eigener Auskunft jedoch keine besondere Bedeutung bei.
Auf Bitten des Ambulanzteams brachte die Mutter ein Porträtfoto von Lara zum Erstgespräch mit und kommentierte das Foto dahingehend, dass sie von verschiedenen Seiten schon darauf hingewiesen worden wäre, dass Lara „merkwürdig aussähe“, die Mutter teilte diese Einschätzung jedoch nicht. Die Fotografie lieferte zunächst auch keine Hinweise in diese Richtung.
Als Lara zur Diagnostik vorstellig wurde, fiel sie dem Ambulanzteam zunächst durch Merkmale ihrer äußeren Erscheinung auf: Lara wies eine für ihr Alter deutlich zu geringe Körpergröße (101 cm) auf, weiter wies sie neben einer auffällig runden Gesichtsform sehr breite Lidspalten bei deutlich unterschiedlich geformten Augenlidern auf, ihre Ohrmuscheln waren überproportional groß.
Lara wurde mit dem Altersgruppentest „60 bis 72 Monate“ untersucht, ihr Alter lag etwas außerhalb der Mitte dieses Altersintervalls in Richtung der oberen Intervallgrenze verschoben. Die Interaktion während der Testdurchführung war zunächst durch Laras Artikulationsprobleme und daraus resultierende Verständnisprobleme (häufiges Nachfragen) beeinträchtigt. Lara zeigte weiter wiederkehrende Unterschreitungen angemessener körperlicher Distanz: so bemühte sie sich häufiger darum, auf dem Schoß des Untersuchers Platz zu nehmen oder stand von ihrem Platz am Tisch auf und suchte die Körperberührung mit dem Untersucher. Dabei war sie gut gelaunt und freundlich, blieb jedoch auch emotional unangemessen undistanziert. Die Herstellung und Aufrechterhaltung der zur Aufgabenbearbeitung notwendigen Aufmerksamkeit und Konzentration bereitete ihr mehrfach Probleme, die Motivation zur Testdurchführung ließ im Testverlauf spürbar nach und es erforderte zum Testende hin besondere Bemühungen des Untersuchers, Lara zur vollständigen Bearbeitung des Tests zu motivieren. Der Test wurde komplett in 55 Minuten absolviert.

  • Körpermotorik: Lara erreichte einen Testwert von 2,5 und liegt damit so weit unterhalb des Altersgruppenmittelwerts (8,65), dass gravierende Defizite vorliegen. Die Entwicklungsdimension „Körpermotorik“" ist dabei in Laras Altersgruppe durch ihre Itemanzahl (zehn Testitems und zwei Fragebogenitems) als „robust“ und wenig ausreißerempfindlich zu bewerten. In der Untersuchung konnte Lara lediglich die „sehr leichten“ Items (pi > .95) „Fängt großen Ball irgendwie“ (T18) und „Hüpft vorwärts“ (T24) bewältigen, schwierigere Items sowie auch andere sehr leichte Items (z.B. T20: „Balancieren“) erfüllte sie nicht. Dabei fiel auf, dass ihr alle Aufgaben mit Anforderungen an das Gleichgewicht besondere Probleme bereiteten. Nach Auskunft der Mutter geht Lara jedoch Treppen freihändig auf und ab (F9), was nicht weiter überprüft wurde.
     
  • Handmotorik: Lara bekam einzig das Fragebogenitem „Schere“ (F13) als erfüllt bewertet, erreichte einen Testwert von 3,3 und liegt damit wiederum weit unter dem Altersgruppenmittelwert (9,64); auch hier wurden gravierende Defizite abgebildet. Die Entwicklungsdimension „Handmotorik“ ist in dieser Altersgruppe durch drei „ sehr leichte“ Items (alle pi > .9) repräsentiert, wodurch jede einzelne Nichterfüllung im Sinne eines Screenings als Alarmzeichen zu bewerten ist. Laras Testwert in der Handmotorik fügt sich stimmig zu ihrem Testwert im „Subtest Nachzeichnen“ (s.u.).
     
  • Kognitive Entwicklung: In den Entwicklungsdimensionen „Gedächtnis“ konnte Lara eine Aufgabe lösen und erreichte mit 3,3 einen Testwert, der knapp zwei Standardabweichungen unterhalb des Altersmittels (7,79) liegt (unterer „Risikobereich“). Die längste von Lara reproduzierte Zahlenreihe hatte die Länge „2“, dieser Wert liegt wiederum weit unterhalb des Altersmittels von 3,79 (s.a. Tabellenanhang, Tab. E-1 und E-2) und ist somit als weit unterdurchschnittlich zu interpretieren.
     
    • Im Bereich der „Handlungsstrategien“ konnte Lara keine Aufgabe bewältigen und erreichte mit „0“ einen Testwert, der weit unterhalb des Altersgruppenmittelwerts von 7,54 liegt. Auch hier sind gravierende Defizite zu verzeichnen. Besonders die Art der Aufgabenbewältigung beim „Turmbau“ (T66) oder den Puzzeln (T64, T68) deuteten auf Probleme in der Ausführung motorischer Handlungen im Sinne einer Dyspraxie.
       
    • Auch im „Kategorisieren“ erreichte Lara mit „3,6“ einen Testwert weit unterhalb des Altersgruppenmittelwerts („gravierende Defizite“). Hier konnten wieder mehrere leichte und sehr leichte Items wie zum Beispiel „Funktionsverwandte Gegenstände“ (T80), „Benennt Formen“ (T81), „Reihung nach Größe“ (T82) oder „Kategorisieren (2 Dimensionen)“ (T74) (alle pi > .8) nicht bewältigen. Dies bezog sich sowohl auf sprachgebundene wie sprachungebundene Leistungen.
       
    • In der Dimension „Körperbewusstsein“ lag Laras Testwert mit „3,3“ etwas mehr als zwei Standardabweichungen unterhalb des Altersgruppenmittelwerts (7,33), und ist wiederum als gravierend auffällig zu bewerten. Lara konnte „kleinere Körperteile herzeigen“ (T89) und die „Rechts-links-Unterscheidung“ (T93) vornehmen, da letztere zunächst überraschend spontan und sicher präsentiert wurde, ist das Item später noch einmal durchgeführt worden, wieder deutete die Sicherheit der Durchführung auf eine sichere Unterscheidungsfähigkeit. Lara war nicht in der Lage, eine erkennbare Menschzeichnung anzufertigen, ihre Zeichnung erschöpfte sich in wenigen, mit seichtem Strich unsicher geführten, unzusammenhängenden Linien, die nicht das gegenständliche Niveau eines „Kopffüßlers“ (T90; pi = .99) erreichten.
       

    Insgesamt wurden mit dem ET 6-6 globale, gravierende Entwicklungsdefizite Laras im kognitiven Bereich beschrieben.

  • Sprachentwicklung: Die Sprachentwicklung wird in dieser Altersgruppe durch die Entwicklungsdimension „Expressive Sprachentwicklung“ abgebildet, welche durch das Testitem „Sechs-bis-acht-Wort-Sätze“ (T109) und das Fragebogenitem „Geordnete Erzählungen“ (F26) repräsentiert wird. Lara produzierte zwar gelegentlich Sätze der erforderlichen Länge, zeigte aber deutliche Schwierigkeiten bei der Grammatik und im Satzbau (pi = .99). Nach Einschätzung der Mutter produziert Lara jedoch zu Hause „geordnete Erzählungen“, somit erreicht Lara einen Testwert von „5“, der jedoch deutlich vom Mittelwert (9,73) nach unten abweicht (gravierende Defizite). Aufgrund der elementaren Bedeutung dieser Basisleistungen gilt hier, dass bereits ein nicht erfülltes Item als Alarmzeichen im Sinne eines Screenings aufzufassen ist.
     
  • Sozialentwicklung: In der Sozialentwicklung erreichte Lara einen Testwert von „10“, nach Auskunft der Mutter konnten alle im ET 6-6 überprüften Fertigkeiten beobachtet werden, auch solche, die in diesem Alter erst bei wenig Kindern zu erwarten sind (z.B. „Vertraute Wege (2)“ (F50; pi = .37). Der Testwert liegt gut eine Standardabweichung oberhalb des Mittelwerts (7,57). Im Bereich Zusammenhang mit der Sozialentwicklung sein noch einmal an die beobachtete geringe körperliche und emotionale Distanz während der Untersuchung erinnert: Lara zeigte eine durchaus charmante (kompensatorische) Strategie im Sozialverhalten, die in vielen Situationen das Initiieren und Aufrechterhalten sozialer Interaktion ermöglichen dürfte. Dennoch bleibt eine Unstimmigkeit zwischen den beobachteten Testleistungen und der Verhaltensbeobachtung einerseits sowie der Einschätzung der Mutter andererseits bestehen.
     
  • Emotionale Entwicklung: Die „Emotionale Entwicklung“ ist in dieser Altersgruppe durch 10 Fragebogenitems repräsentiert. Nach Auskunft der Mutter wurden die Items F57 und F58 („Trennung über Nacht“; „Trennung über Tage“) sowie „Formuliert Regeln“ (F62) als „nicht zutreffend“ bewertet, wobei für F62 davon auszugehen ist, dass zu einem gewissen Grade kognitive Grundvoraussetzungen notwendig sind. Der Testwert von 7 liegt gut eine Standardabweichung unterhalb des Altersmittels (8,66) und somit knapp im Risikobereich.
     
  • Subtest Nachzeichnen: Lara konnte keinen Punkt im Nachzeichnen erzielen. Auf dem „Bogen 1“ (Linien) bestanden sämtliche von Lara angefertigten Zeichnungen in von links nach rechts aufwärts strebenden Diagonalen, die zumeist die Umrandung des Kästchens kreuzten, auf dem „Bogen 2“ (Formen) fertigte Lara jeweils Gebilde unzusammenhängender Linien an, die kein gegenständliches Niveau erreichten. Ihr Testwert von „0“ liegt deutlich unterhalb des Altersgruppenmittelwerts (6,43) und fällt noch etwas deutlicher aus, wenn man das Altersmittel für Mädchen (6,76) zu Grunde legt (gravierende Defizite).
     

Im Hinblick auf die Auftragsfragestellung („Einschulung“) wurde neben dem ET 6-6 noch das Kaufman-ABC (Melchers & Preuß, 2001) durchgeführt. In diesem Intelligenztest erreichte Lara auffällige Leistungsunterschiede zwischen dem Bereich des „einzelheitlichen Denkens“ (Handbewegungen, Zahlennachsprechen, Wortreihe) und dem „ganzheitlichen Denken“ (Gestaltschließen, Dreiecke, bildhaftes Ergänzen, räumliches Gedächtnis). Während sie im Bereich der elementaren Basisleistungen des „einzelheitlichen Denkens“ Untertestergebnisse im unteren Normbereich erzielte (Standardwert [100;15] von 92), fielen die komplexen Leistungen im „ganzheitlichen Denken“ dagegen deutlich ab (Standardwert [100;15] von 59) und erreichten weit unterdurchschnittliches Niveau. Die „Intellektuellen Fähigkeiten“ Laras (Summenwert aus einzelheitlichem und ganzheitlichem Denken) lagen mit einem Standardwert [100;15] von 74 deutlich im unterdurchschnittlichen Bereich, auf der Skala kulturgebundener „Fertigkeiten“ (Gesichter und Orte, Rechnen, Rätsel) erreichte Lara einen Standardwert [100;15] von 61 und somit weit unterdurchschnittliche Leistungen. Bei auffälligen Schwankungen im Leistungsprofil erzielte Lara somit Ergebnisse, die in Ihrer Gesamtheit in Richtung „leichte geistige Behinderung“ tendieren.

Abschließende Interpretation: Vor dem Hintergrund der Fragestellung der Mutter („Einschulung nächstes oder übernächstes Jahr?“) wurde eine Erweiterung der Fragestellung vorgenommen: „Ist für Lara von der Möglichkeit einer Regelbeschulung auszugehen?“. Die Testleistungen im ET 6-6 sind mit den Leistungen in der Kaufman-ABC zunächst als „gravierende globale Entwicklungsdefizite“ unklarer Ätiologie integrierbar. Dabei liegen die kognitiven Leistungen Laras in Bereichen, die auch nach einem Jahr Zurückstellung von der Einschulung die Möglichkeit einer Regelbeschulung unwahrscheinlich erscheinen lassen.
Vor dem Hintergrund der auffälligen physiognomischen Erscheinung Laras unter Berücksichtigung des Nichtvorliegens weiterer ätiologischer Hinweise wurde der Mutter im Anschluss eine humangenetische Untersuchung empfohlen, welche dann auch durchgeführt wurde. Hierbei konnte eine eher seltene (vermutlich genetische) Erkrankung, das Kabuki-Syndrom (auch Kabuki-Makeup-Syndrom) nachgewiesen werden.

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Entwicklungsdiagnostik: visuomotorische Koordination

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Entwicklungsdiagnostik: Handlungsstrategien

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© 2007 Thorsten Macha

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