ET 6-6 Auswertung

 

 

 

 

 

 

EDButton2

EDButton2

EDButton2

EDButton2

entwicklungsdiagnostik.de

EDButton2

 

 


Sie befinden sich hier:
 


   entwicklungsdiagnostik.de > Testverfahren >
 

 

 

 

 

 

Entwicklungstests | Entwicklungsscreenings | Fremdbeurteilung | Sprache | Motorik | Intelligenz | Spezifische Tests

Bayley II | Bayley III | Entwicklungsgitter | ET 6-6 | GES | MFED 1 | MFED 2-3 | WET

Durchführung | Auswertung | Entwicklungsprofil | Gütekriterien
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durchfuehrung ET 6-6

ET 6-6 Auswertung

 

 

 

1 Auswertung des Protokolls

1.1 Altersberechnung, Alterskorrektur

Ermitteln Sie zunächst anhand des Geburts- und des Testdatums das Alter des Kindes in Monaten. Markieren Sie die entsprechende Stelle durch ein Kreuz auf der durch einen Pfeil symbolisierten Altersskala („Alter/Monate“; s Abb. 2 im Testhandbuch). Der Altersbereich der jeweiligen Altersgruppe ist durch eine untere und obere Grenze markiert. Auf diese Weise erhält man eine Orientierung darüber, ob es sich bei dem getesteten Kind im Vergleich zur Referenzstichprobe (Normenstichprobe) um ein „eher jüngeres“ oder „eher älteres“ Kind handelt. Geringfügige Schwankungen im Entwicklungsprofil können somit eventuell anhand die Stellung des Kindesalters im Altersintervall erklärt: ein Kind in der Altersgruppe „60-72 Monate“, das gerade erst 60 Monate alt ist, wird im Vergleich zur Altersgruppenteilstichprobe aus der Normierungsstichprobe, die über den gesamten Altersbereich (60 bis 72 Monate) in etwa gleichmäßig verteilt waren, eher etwas schlechtere Testleistungen zeigen.
Bei Frühgeborenen ist im Hinblick auf die Altersbestimmung häufig eine Alterskorrektur sinnvoll. Als Faustregel kann gelten: liegt das Geburtsalter (kalendarische Alter) des frühgeborenen Kindes noch unter zwei Jahren, ist eine Alterskorrektur sinnvoll.
Ermitteln Sie die Schwangerschaftsdauer und ziehen sie die Zahl der vollendeten Schwangerschaftswochen von 40 ab (z.B. vollendete Schwangerschaftswoche „33“: 40 – 33 = 7). Subtrahieren Sie diese Wochenzahl vom Geburtsalter des Kindes: ist ein Kind nach seiner Geburt zum Beispiel 16 Monate alt und muss das Alter um 7 Wochen nach unten korrigiert werden, so beträgt also sein korrigiertes Alter ca. 14 ¼ Monate. Achtung: durch die Alterskorrektur kann ein Wechsel der Altersgruppe erforderlich sein, im hier beschriebenen Beispiel müsste das Kind nach seinem Geburtsalter in der Altersgruppe „15-18 Monate“, nach seinem korrigierten Alter jedoch in der Altersgruppe „12-15 Monate“ untersucht werden.

 

1.2 Ermittlung der Summenwerte (gelöste Items) und der Testwerte

Zählen Sie nun auf den Seiten zwei und drei des Protokollbogens spaltenweise für jede Entwicklungsdimension (Körpermotorik, Handmotorik usw.), bei zweiseitiger Protokollierung gegebenenfalls mit Hilfe der Übertragszeilen, die Anzahl der gelösten Items, das heißt summieren sie in jeder Spalte die von Ihnen notierten Kreuze. Tragen Sie diese Summe in die letzte Zeile der Protokollierungstabelle (Igelöst) ein.
Übertragen Sie dann diese Anzahl in die Zeile „Igel: Items (gelöst)“ der Auswertungstabelle auf der ersten Seite des Protokollbogens. Beachten Sie, dass das Ergebnis des Items „Zahlen nachsprechen“ (T47), obwohl es auf der Entwicklungsdimension „Gedächtnis“ lokalisiert ist, nicht in die Summe gelöster Items eingeht, sondern eine separate Betrachtung erfährt. Die Punktzahlen der Items des „Subtests Nachzeichnen“ (T38–T44), der ab der Altersgruppe „42-48“ Monate durchgeführt wird, werden addiert und diese Summe wird sowohl in der Protokollierungstabelle (Seiten 2 und 3 des Protokollbogens, Zeile „Igelöst“) als auch in der Auswertungstabelle auf der ersten Seite des Protokollbogens (Feld „Punkte gesamt“) notiert.
Ermitteln Sie nun für jede Entwicklungsdimension den „Testwert“ nach der Berechnungsformel:

  • Testwert = Igelöst : Igesamt x 10

Sie erhalten den Testwert einer Entwicklungsdimension (jeweils für Körpermotorik, Handmotorik usw.), indem Sie die Anzahl der gelösten Items durch die Anzahl aller Items innerhalb einer Entwicklungsdimension teilen. Dividieren sie also die Summe der Kreuze in einer Spalte durch die Anzahl der Items dieser Entwicklungsdimension in der Altersgruppe insgesamt (zu entnehmen der Zeile "Iges: Items (gesamt)" der Auswertungstabelle) und multiplizieren diesen Quotienten mit 10. Somit ergibt sich generell ein möglicher Testwerte zwischen 0 (kein Item gelöst) und 10 (alle Items gelöst). Der Wert ist mit einer Verschiebung des Kommas um eine Stelle nach rechts auch als Prozentsatz der gelösten Items interpretierbar: werden zum Beispiel (vgl. Abb. 3) in der Dimension Handlungsstrategien (Strat) fünf von sieben Items bewältigt, errechnet sich ein Testwert von 5 : 7 x 10 = 7,1 (gerundet) und es wurden somit 71% der Testaufgaben zu Handlungsstrategien gelöst.
In den Anhängen F und G des Testhandbuchs finden sich Umrechnungstabellen, mit denen die Testwerte

  • anhand der Anzahlen gelöster Items in Abnhängigkeit von den jeweiligen Itemanzahlen insgesamt sowie
  • für die Punkte im Subtest Nachzeichnen

bestimmt werden können.

 

1.3 Erstellung des Entwicklungsprofils

Nach der Ermittlung der Testwerte in den jeweiligen Entwicklungsdimensionen übertragen Sie diese dann in die grafische Vorlage zur Erstellung des Entwicklungsprofils: markieren Sie die entsprechenden Stellen in den Spalten der jeweiligen Entwicklungsdimensionen (s. Abb. 5 im Testhandbuch).

 

1.4 Überprüfung nach Nichtbewältigungen leichter und Bewältigungen schwieriger Items

Neben den Referenzwerten in Bezug auf die Testwerte in den Entwicklungsdimensionen stehen ihnen im ET 6-6 weitere quantitative Referenzwerte zur Verfügung: die Aufgabenschwierigkeiten. Dabei ist es durchaus denkbar, dass ein Kind zum Beispiel (vgl. Abb. 5 im Testhandbuch) im Bereich der Handlungsstrategien (Strat) einen zunächst unauffälligen Testwert von 7,1 erlangt, aber dennoch ein sehr leichtes Item nicht lösen konnte (vgl. Abb. 6) im Testhandbuch!
Im Beispiel der Abbildung 4 konnte das Kind die leichte Aufgabe „Dreistufige Treppe“ (pi = .93: wurde von bereits 93% der Kinder der Normierungsstichprobe gekonnt) nicht lösen, ebenso wurde die schwierige Aufgabe „Neunteiliges Puzzle“ (pi = .32: erst 32% der Kinder der Normierungsstichprobe konnten diese Aufgabe lösen) nicht bewältigt. Auch bei einem zunächst unauffälligen Testwert von 7,1 (s. Abb. 5 im Testhandbuch) liegen mit der Nichtbewältigung des Items „Dreistufige Treppe“ Hinweise auf eine spezifische Beeinträchtigung vor, in diesem Fall in Bezug auf visuelle Analyse oder räumlich konstruktive Fähigkeiten.
In der Altersgruppe "bis 9 Monate" sind zwei Spalten mit Schwierigkeitsindices vorhanden. In der vierten (grau schattierten) Spalte ("pi<(6)") finden sich Angaben, welche in einer Stichprobe von Kindern im Alter von 4 ½ bis 6 Monaten ermittelt wurden. In der fünften Spalte ("pi(6-9)") finden sich die Itemschwierigkeiten, welche für die Altersgruppe "bis 9 Monate" ermittelt wurden. Weiter finden sich im Rahmen der Protokollierungstabelle fünf Items (Nr. 1 [T1], Nr. 2 [T2], Nr. 5 [T110], Nr. 7 [T3] und Nr. 32 [T112]), die nicht in die Ermittlung des Scores der jeweiligen Entwicklungsdimension eingehen. Die Protokollierungsfelder dieser Items sind ebenfalls durch Schattierung und Umrandung optisch deutlich abgehoben. Es handelt sich dabei um solche Items, die im Rahmen der Normierung bereits in der Altersgruppe von 4 ½ bis 6 Monaten von einer großen Zahl von Kindern bewältigt wurden. Diese Items stellen "Fangitems" für diejenigen Kinder dar, welche in der Altersgruppe "bis 9 Monate" am unteren Rand des Altersbereichs (nahe 6 Monate) liegen. Zusammen mit den Schwierigkeitsangaben auch anderer Items für den Altersbereich von 4 ½ bis 6 Monaten soll somit auch für die Kinder am unteren Rand des Altersspektrums des ET 6-6 eine auch im Vergleich mit einer Referenzstichprobe faire Beurteilung ermöglicht werden.

 

1.5 Auswertung des Subtests Nachzeichnen

Zur Auswertung des Subtests Nachzeichnen siehe hier.

 

2 Interpretation des Testergebnisses

Das Entwicklungsprofil liefert eine schnelle Übersicht über die Ausprägungen innerhalb der Entwicklungsdimensionen; des Weiteren werden die Altersgruppenmittelwerte und die Standardabweichungen angegeben. Bei der Erstellung eines individuellen Profils wird somit bereits eine nach den Dimensionen differenzierende Einschätzung individueller Stärken und Schwächen möglich. Bei dieser Betrachtung sollten jedoch grundsätzlich folgende Aspekte berücksichtigt werden:

  • Das Alter des Kindes und somit dessen Position im Altersbereich der jeweiligen Altersgruppe: Die Altersskala („Alter (Monate)“) zeigt an, ob es sich zum Beispiel um ein „eher jüngeres“ bzw. „eher älteres“ Kind im Vergleich zur (über den Altersbereich annähernd gleichverteilten) Referenzstichprobe handelt. Einer Abweichung (z.B. eine Standardabweichung unter dem Altersgruppenmittelwert) kommt mit zunehmendem Alter des Kindes eine zunehmend größere Bedeutung als Hinweis auf eine Retardierung zu.
  • Das Geschlecht des Kindes: Die Altersgruppenmittelwerte und Standardabweichungen der Testwerte im Entwicklungsprofil stellen die Gesamtwerte der Kinder (Jungen und Mädchen) der Referenzstichprobe dar (siehe auch „MWgesamt“, „SDgesamt“ in der Auswertungstabelle). Die Auswertungstabelle liefert des Weiteren noch die geschlechtsspezifischen Mittelwerte und Standardabweichungen, welche jeweils deutlich voneinander differieren können. Es empfiehlt sich somit, einen ermittelten Wert stets auch mit den entsprechenden geschlechtsspezifischen Werten einer Altersgruppe zu vergleichen.
  • Die Itemzusammensetzung in der jeweiligen Entwicklungsdimension: In diesem Zusammenhang beachten Sie zunächst das Verhältnis von Test- zu Fragebogenitems (zur Übereinstimmung von Eltern- und Expertenurteilen vgl. Rennen-Allhoff et al., 1993). Somit ist zu kontrollieren, wie viele Test- und Fragebogenitems (Zeilen „Anzahl Testaufgaben“, „Anzahl Elternfragen“ in der Auswertungstabelle) in die Berechnung eines Testwertes eingehen und ob deutliche Abweichungen zwischen den Testergebnissen und dem Elternurteil gegeben sind. Weiter ist stets auch die Gesamtzahl der Items (Zeile „Iges: Aufgaben (gesamt)“ in der Auswertungstabelle) zu beachten. Ist eine Entwicklungsdimension nur durch eine geringe Itemanzahl repräsentiert, sollten Abweichungen vom Mittelwert vorsichtiger interpretiert werden.
  • Itemschwierigkeiten: Der ET 6-6 liefert mit dem Entwicklungsprofil zunächst eine globale Orientierung über individuelle Stärken oder Schwächen. Spezifische Auffälligkeiten spiegeln sich aber oft nur in einer geringen Itemanzahl wider, unter Umständen ohne dass sie durch den Dimensions-Testwert deutlich abgebildet werden. Darum ist es im Rahmen der Auswertung unerlässlich zu kontrollieren, ob „leichte Items“ nicht gelöst bzw. „schwierige Items“ gelöst wurden.

Zur Interpretation eines ET 6-6-Testprofils lassen sich folgende Regeln formulieren:

  • Der Bereich +/- eine Standardabweichung um den Mittelwert der Testwerte kann zunächst als der „unauffällige Bereich“ aufgefasst werden. Dieser Bereich wird im Entwicklungsprofil durch den Korridor visualisiert, der oberhalb und unterhalb der Dimensionsmittelwerte jeweils den Bereich einer Standardabweichung ausweist.
  • Liegen Abweichungen von mehr als einer bis hin zu zwei Standardabweichungen um den Altersgruppenmittelwert vor, so sind diese entweder als „überdurchschnittliche Leistungen“ oder „unterdurchschnittliche Leistungen“ und somit „Entwicklungsdefizite“ zu bewerten. Der letztgenannte Bereich kann als „Risikobereich“ verstanden werden, Testleistungen in diesem Bereich sollten differentialdiagnostisch verfolgt oder dieser Entwicklungsbereich zumindest beobachtet werden.
  • Abweichungen von mehr als zwei Standardabweichungen vom Altersgruppenmittelwert sind als „weit überdurchschnittliche Leistungen“ oder „weit unterdurchschnittliche Leistungen“ und im letztgenannten Fall als „gravierende Entwicklungsdefizite“ zu bewerten. Abweichungen von mehr als zwei Standardabweichungen vom Mittelwert nach unten deuten auf Beeinträchtigungen, die der Abklärung bedürfen.
  • Abweichungen auf der Ebene des Testwerts einer Einzeldimension müssen dahin gehend untersucht werden, (1) welche Items (2) welcher Schwierigkeit zu der Abweichung beitrugen. Auf der Itemebene können differenzierte Hinweise auf qualitative Aspekte der Leistungsauffälligkeiten gewonnen werden.
  • Auch bei unauffälligen Testwerten muss zusätzlich auf umschriebene Leistungsdefizite überprüft werden: wurden sehr leichte Items (pi > .80) nicht gelöst? Auf diesem Weg sind häufig isolierte Beeinträchtigungen identifizierbar.
  • Bei abweichenden Testwerten ist dennoch eine Überprüfung auf spezifische Stärken vorzunehmen: wurden schwierige Items (pi < .30) gelöst? Auf diesem Weg sind häufig individuelle Ressourcen des Kindes identifizierbar, die im Kontext von Beratung und Förderung nutzbar gemacht werden können.

Den Gesamteindruck über einen Entwicklungsstatus gewinnt man bei der Betrachtung des Entwicklungsprofils. Hierbei lassen sich unterschiedliche Profiltypen unterscheiden:

  • Es liegt eine leichte globale Entwicklungsverzögerung vor, die sich mehr oder weniger auf allen Entwicklungsdimensionen zeigt. Die Testwerte streuen um den Risikobereich und unteren „unauffälligen Bereich“, die Entwicklungsdefizite sind höchstwahrscheinlich im Entwicklungsverlauf gut wieder aufzuholen;
  • Es bestehen in einigen thematisch zusammengehörigen Entwicklungsdimensionen starke Abweichungen, die eine gezielte Förderung notwendig machen (z.B. Körper- und Handmotorik; Sprache und Sozialentwicklung);
  • Es existieren in einem global unauffälligen Profil in einigen Bereichen isolierte Entwicklungsrückstände (eventuell nur auf der Itemebene identifizierbar), die auf eine sich herausbildende Teilleistungsschwäche hinweisen;
  • Es liegen in allen Bereichen deutliche Abweichungen (mehr als zwei Standardabweichungen vom Mittelwert nach unten) vor. Es besteht eine globale Entwicklungsverzögerung, wodurch breit angelegte Förderung begründet werden kann;
  • Selbstverständlich ist es auch denkbar, dass Kinder in weiten Bereichen deutlich über dem Durchschnitt liegen, somit eine Entwicklungsakzeleration diagnostiziert werden kann.

Mit dem ET 6-6 können prinzipiell verschiedene diagnostische Fragestellungen bearbeitet werden. Dies soll am Beispiel eines Kindes, bei dem bereits vor Beginn der Untersuchung Hinweise auf deutliche Entwicklungsverzögerungen vorliegen, verdeutlicht werden.

  • Ein diagnostisches Ziel könnte es sein, das Ausmaß der Leistungsabweichungen von der Norm möglichst augenfällig darzustellen. In diesem Fall wäre der altersangemessene Subtest durchzuführen, das Kind bewältigt nur wenige oder gar keine Aufgaben, die Testwerte liegen im weit unterdurchschnittlichen Bereich und mit dem Profil wären dann gravierende Defizite dokumentiert.
  • Als weiteres diagnostisches Ziel könnte man auch die Ressourcen des Kindes erfassen. In diesem Fall würde man eventuell zwei oder mehr Altersgruppen nach „unten gehen“, also einen Altersgruppentest zum Einsatz bringen, der auch tatsächlich erbrachte Leistungen eines Kindes abbildet. Ein Kind vom Alter 69 Monate wird dann zum Beispiel mit dem Altersgruppentest „36-42 Monate“ untersucht und erbringt eventuell für diesen Altersbereich unauffällige Leistungen. Bei diesem Vorgehen wird der individuelle Entwicklungsstand auf eine andere Art abgebildet: das Kind zeigt Testleistungen, die denen unauffälliger Kinder in der zweiten Hälfte des vierten Lebensjahrs entsprechen und weist somit einen Entwicklungsrückstand von ungefähr zwei Jahren auf. Es werden dabei im Gegensatz zum altersangemessenen Untertest diejenigen Fertigkeiten erfasst, die vorhanden sind und an denen Fördermaßnahmen und Therapieplanung unmittelbar ansetzen können.

Die Möglichkeiten und Grenzen bei der Interpretation eines Entwicklungsprofils lassen sich gut anhand des Fallbeispiels 2 (Matthias) in Kapitel 10 des Testhandbuchs veranschaulichen.

 

3 Zuverlässigkeit von Elternauskünften

Gelegentlich entsteht für den Untersucher der Eindruck, dass die Testergebnisse sich mit den gegebenen Elternauskünften nicht stimmig fügen. Für die Einschätzung der Zuverlässigkeit von Elternauskünften lassen sich keine allgemeinen Empfehlungen formulieren, jedoch sollen an dieser Stelle ein paar Überlegungen vorgenommen werden.
Die Zuverlässigkeit der Elternauskünfte ist zunächst abhängig davon, ob die Eltern die Elternfragebögen überhaupt bearbeiten können. Voraussetzungen für die Bearbeitung der Elternfragebögen des ET 6-6 sind ein ausreichender Alphabetisierungsgrad sowie ausreichende deutsche Sprachkompetenz, eine Voraussetzung für valide Antworten ist weiterhin die Fähigkeit, das eigene Kind im Rahmen seiner Entwicklung aufmerksam zu beobachten. Studien zu diesem Kompetenzbereich wurden von Rennen-Allhoff, Allhoff, Bowi und Laaser (1993) zusammengefasst. Aktuelle Befunde zu der Annahme, das Eltern häufig die Tendenz zeigen würden, ihre Kinder zu überschätzen, präsentieren Deimann, Kastner-Koller, Benka, Kainz und Schmidt (2005). Storck, Webel, Steinmacher, Kupferschmidt und Bode (1998) schätzen die Zuverlässigkeit elterlicher Angaben ebenfalls kritisch ein.
Bislang liegen erst wenige Studien zum Alphabetisierungsgrad im deutschen Sprachraum vor, häufig zitiert wird in diesem Zusammenhang die IALS-Studie (International Adult Literacy Survey; vgl. die deutsche Fassung „Grundqualifikationen, Wirtschaft und Gesellschaft“ der OECD, 1995). Demzufolge ist in der Bundesrepublik Deutschland von etwa 0,5 bis 4 Millionen Menschen über 15 Jahren auszugehen, denen der Status des funktionalen Analphabetismus zuzusprechen ist und von denen viele also in nicht ausreichender Weise in der Lage sind, einen Elternfragebogen lesend zu verstehen. In diese Angaben sind Menschen nichtdeutscher Herkunft noch nicht einbezogen, jedoch lassen dieselben Quellen darauf schließen, dass der Anteil funktionaler Analphabeten in der nichtdeutschstämmigen Bevölkerung um bis zu 300% höher anzusiedeln ist. Noch schwieriger zu schätzen ist der Anteil der Eltern, die aufgrund mangelnder Beobachtung ihrer Kinder keine zuverlässigen Angaben machen können. Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass etwa 5% aller Eltern die Elternfragebögen nicht verstehen können, und da geringer Bildungsstand der Eltern einen Hauptrisikofaktor für auffällige Entwicklung darstellt, dürfte dieser Anteil bei den entwicklungsauffälligen Kindern eher höher liegen.
Solche Eltern zeigen häufig charakteristische Strategien, um auf eine unvermittelt auftauchende Anforderung an ihre Schriftsprachkompetenz zu reagieren:

  • Vermeiden, Ausweichen: es wird zum Beispiel darum gebeten, den Bogen mit nach Hause nehmen zu dürfen, um ihn dort „in Ruhe“ oder auch „mit dem anderen Elternteil gemeinsam“ ausfüllen zu können;
  • Täuschen: der Fragebogen wird zum Beispiel ohne zu Grunde liegendes Textverständnis wahllos ausgefüllt;
  • Delegation: es wird um die Hinzuziehung einer anwesenden (Vertrauens-) Person gebeten oder der Untersucher selbst wird gebeten, bei der Bearbeitung des Fragebogens behilflich zu sein; eventuell unter Vorgabe von Beeinträchtigungen: es wird zum Beispiel darauf verwiesen, gerade „die Brille nicht dabei“ zu haben.

Ist der Untersucher für solche Situationen sensibilisiert, können durch einfühlsame Unterstützungsangebote in vielen Fällen die Grundvoraussetzungen für valide Elterneinschätzungen hergestellt werden.
Ein weiterer Eckpfeiler zuverlässiger Elternauskunft besteht darin, dass Eltern ihr Kind auch gewissenhaft beschreiben wollen, häufig nur schwierig zu registrieren sind bewusst verzerrende Tendenzen in der Elternauskunft.
Eine mögliches Motiv für eine Verzerrung könnte zum Beispiel das Bestreben von Eltern sein, die Chance auf eine Förder- oder Therapiemaßnahme zu erhöhen: das Kind wird bewusst in seinem Entwicklungsstand schlechter dargestellt, als es eigentlich wahrgenommen wird, um zum Beispiel einem Arzt oder einem Kostenträger gegenüber die subjektiv empfundene Notwendigkeit der Maßnahme zu unterstreichen.
Vielfach erleben Eltern Entwicklungsauffälligkeiten ihres Kindes jedoch auch verbunden mit der Bedrohung einer Stigmatisierung des Kindes oder auch als elterliches Versagen. Aus solchen Konstellationen heraus könnten sich beschützende Tendenzen ergeben, ein Kind bewusst unauffälliger darzustellen, als es eigentlich wahrgenommen wird. Aus einem gelegentlich den Eltern nur wenig bewussten subjektiven Empfinden elterlicher Unzulänglichkeit heraus ist es möglich, dass Überschätzungen des Kindes als ein unbewusster Mechanismus emotionalen elterlichen Selbstschutzes vorgenommen werden.
Sollten die Elternauskünfte sich nicht plausibel mit den Testresultaten integrieren lassen, ist es vielleicht hilfreich, sich eine weitere Informationsquelle zu erschließen. Hier bieten sich oftmals die pädagogischen Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen an, denen in vielen Fällen eine objektive Einschätzung des Kindes gelingt. Da hierfür natürlich das Einverständnis der Eltern erforderlich ist, sollte ihnen den Rückgriff auf diese zusätzliche Informationsquelle plausibel gemacht werden, etwa in der Form: „Sie konnten nun schon einige Informationen zum Verhalten ihres Kindes im familiär-häuslichen Umfeld geben, nun wäre es interessant, wie ihr Kind sich vielleicht in einem anderen Umfeld verhält.”

Entwicklungsdiagnostik: Primäremotionen

Entwicklungsdiagnostik: visuomotorische Koordination

Entwicklugsdiagnostik: Explorationsverhalten

Entwicklungsdiagnostik: Handlungsstrategien

Entwicklungsdiagnostik: Ganzkörperkoordination

entwicklungsdiagnostik.de: Navigation

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Seitenanfang
 

 

 

EDButton2

EDButton2

update entwicklungsdiagnostik.de/et_6-6_auswertung

EDButton2

© 2007 Thorsten Macha

EDButton2