Konzeption
Häufig können bereits im Vorschulalter erste Symptome oder Vorläuferstörungen beobachtet werden, die auf eine mögliche Lernstörung im Schulalter hinweisen. Mit dem BASIC-Screening zur Überprüfung kognitiver Basiskompetenzen im Vorschulalter liegt ein Verfahren zur Früherkennung von basalen Voraussetzungen vor, die für das spätere Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen notwendig sind. Diese Vorläuferfähigkeiten lassen sich danach klassifizieren, ob sie auf direkte Weise mit einer Umschriebenen Entwicklungsstörung schulsicher Fertigkeiten in Verbindung stehen (=spezifische Vorläuferfähigkeit) oder eher allgemein als Basisfähigkeit für schulisches Lernen gelten (=unspezifische Vorläuferfähigkeit) (vgl. Daseking, Lemcke & Petermann, 2006; Krajewski, Schneider & Nieding, 2008; Schneider & Marx, 2008). Damit geschieht die Erfassung zu einem Zeitpunkt, wo Defizite in umschriebenen Funktionsbereichen noch keine gravierenden Auswirkungen auf alltägliche Leistungen haben. Negative Konsequenzen ergeben sich in der Regel erst aus den deutlich steigenden Anforderungen im Rahmen des Schulunterrichts. Die Grundkonzeption des BASIC-Screenings basiert auf kognitions- und neuropsychologischen Erkenntnissen über Vorläuferfähigkeiten für den schulvermittelten Erwerb der Kulturtechniken. Zehn Untertests erfassen verschiedene kognitive Teilleistungen, die sich inhaltlich zu vier Bereichen zuordnen lassen:
- Visuell-räumliche Leistungen,
- Sprachverständnis,
- Zahlen- und Mengenwissen sowie
- selektive Aufmerksamkeit.
Im Unterschied zu vielen Intelligenz- oder Leistungstests beruht das BASIC-Preschool nicht auf der Präsentation von erworbenem Wissen und testet weniger schulleistungsnah. Um eine präzise Prognose in Bezug auf zukünftige schulische Leistungen geben zu können wird eine große Breite von Funktionsbereichen berücksichtigt.
Die Anwendung wird insbesondere zu Beginn des letzten Kindergartenjahres empfohlen, um noch vor der Einschulung eine spezifische Förderung einleiten zu können. Eine zweite Messung nach etwa fünf Monaten ermöglicht eine Aussage über die Stabilität der überprüften kognitiven Leistungen.
Aufgaben
BASIC-Preschool besteht aus zehn Untertests, deren Reihenfolge in der Durchführung eingehalten werden sollte:
Visuell-räumliche Leistungen
- Wurmhöhle (visuelles Erkennen von Buchstaben und wortähnlichen Figuren)
- Versteckter Wurmling (Raumwahrnehmung)
- Wer hat mehr Luftballons? (Vergleich sehr kleiner Mengen)
Sprachverständnis
- Legespiel (passiver Wortschatz und präpositionale Beziehungen)
- Wurmlings Freunde (auditive Merkfähigkeit für Phantasiewörter)
Zahlen- und Mengenwissen
- Schnellzähler (automatische Mengenerfassung)
- Wurmlings Geschenke (Mengenvergleich, Mengeninvarianz)
- Abzählen (Zahlwissen, Eins-zu-eins-Zuordnung)
Selektive Aufmerksamkeit
- Durchstreichen (kurzfristige Aufmerksamkeitsfokussierung)
- Tomaten pflücken (selektive Visuelle Aufmerksamkeit)
Durchführung
Die Untertests sind in eine kindgerecht gestaltete Geschichte mit der Leitfigur “Wurmling†eingebettet, um ein Kind zu einer aufmerksamen Mitarbeit zu motivieren. Die abwechslungsreiche Darbietung der Untertests, die eine computergestützten Darbietung, die Vorlage eines Stimulusblocks und den Einsatz eines Papier-und-Bleistift-Tests vorsieht, erhöht die Motivation des Kindes. Die Testdurchführung wird durch gezielte Hinweise, wie mit ungewöhnlichen Reaktionen von Kindern umgegangen werden kann, erleichtert.
Die Durchführungsdauer beträgt etwa 25 bis 30 Minuten.
Auswertung
Die Auswertung erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst werden die einzelnen Aufgaben bewertet, in den meisten Fällen erfolgt dies über eine Kodierung nach „Richtig“ (= 1) und „Falsch“ (= 0). Die Rohwertsummen werden pro Untertest in Risikopunkte umgewandelt, deren Vergabe sich an Cut-off-Werten in der Prozentrangverteilung orientiert. Der Gesamt-Risikowert wird als Summe aller in den Untertests erreichten Risikopunkte bestimmt. Für den Gesamt-Risikowert gelten drei Interpretationsstufen:
- 0-4 Punkte = altersentsprechend,
- 5-8 Punkte = grenzwertig sowie
- > 9 Punkte = auffällig.
Die Auswertung wird durch die Gestaltung des Protokollbogens und durch ausführliche Hinweise inklusive eines vollständigen Beispiels im Manual unterstützt und erfordert etwa 5 bis 10 Minuten.
Interpretation
Die Interpretation der Testergebnisse orientiert sich an der Zuordnung der Untertests zu den vier Leistungsbereichen (Indizes). Auffällige Leistungen im Index Zahlen- und Mengenwissen weisen dabei auf ein erhöhtes Risiko zur Ausbildung einer Rechenstörung hin, auffällige Befunde im Sprachverständnis sind mit einem erhöhten Risiko zur Ausbildung einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS) verbunden. Auffällige Leistungen in den Indizes Selektive Aufmerksamkeit und Visuell-räumliche Wahrnehmung können als unspezifische Teilleistungen sowohl auf eine Rechenstörung als auch auf eine LRS hinweisen.
Der Gesamt-Risikowert liefert ein übergreifendes Maß für das Risiko schulischer Lernstörungen.
Die Interpretation von Ergebnisprofilen wird durch Fallbeispiele im Anhang des Manuals unterstützt, wobei sich die Fallbeispiele auf häufig vorkommende Fragestellungen (z.B. Aufmerksamkeitsstörung, umschriebene Entwicklungsstörungen) und Risikokonstellationen (z.B. Geburtskomplikationen, Migrationshintergrund) beziehen.
Normierung
Die Normierung erfolgte an einer Stichprobe von insgesamt 710 Kindern. Dabei wurden Kinder ausgeschlossen, für die bereits die Diagnose einer (umschriebenen) Entwicklungsstörung vorlag. Das Verhältnis von Mädchen (49.6 %) und Jungen (50.4 %) in der Stichprobe kann als repräsentativ angesehen werden. Dies gilt auch für das Merkmal Migrationshintergrund, das für 20.8% der Stichprobe angenommen werden kann. Die Datenerhebung erfolgte in drei deutschen Regionen in Kindergärten unter Berücksichtigung der Lage und der Trägerschaft.
Es liegen Normtabellen für die drei Altersgruppen (Jahr;Monat)
- 4;9 bis 5;1 Jahre,
- 5;2 bis 5;6 Jahre und
- 5;7 bis 5;11 Jahre
vor.
Gütekriterien
Durch hochstandardisierte Instruktionen und Durchführungsbedingungen sowie eindeutige und einfache Auswertungsmodalitäten kann von einer hohen Durchführungs- und Auswertungsobjektivität ausgegangen werden. Als Interpretationshilfe werden außerdem Fallbeispiele besprochen.
Die internen Konsistenzen der Untertests liegt zwischen .57 und .78. Die Retest-Reliabilität (Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson) wurde an zwei unterschiedlichen Stichproben überprüft, die sich in der Länge des zwischen beiden Testungen liegenden Intervalls unterschieden. Die Koeffizienten betragen für den Gesamt-Risikowert im kurzen Intervall .87 (mittlerer Abstand: 14 Tage; N = 55) und im langen Intervall .77 (mittlerer Abstand 4.4 Monate; N = 170).
Die Skalenstruktur des Verfahrens wurde Interkorrelationsberechnungen und faktorenanalytische Studien dokumentiert. Die Faktorenanalysen weisen in den jüngeren Altersgruppen auf eine wenig prägnante Faktorenstruktur hin, für die älteste Altersgruppe lässt sich eine Ladungsstruktur nachweisen, die den theoretisch angenommenen Indizes entspricht. Zur Überprüfung der kriterienbezogenen Validität wurden die Zusammenhänge der Ergebnisse im BASIC-Screening mit den Ergebnissen in anderen Testverfahren dargestellt (BISC, K-ABC, ET 6-6). Zusätzlich wurden die Testergebnisse mit dem Elternurteil korreliert. Auch der Einfluss von Zweisprachigkeit auf die Ergebnisse wurde geprüft.
In einer Längsschnittstudie konnte bereits die prädiktive Validität des Verfahrens für die Vorhersage von Schulleistungen nachgewiesen werden (Knievel, Daseking & Petermann, 2010). Daseking, Bauer, Knievel, Petermann und Waldmann (2010) konnten zudem auch die Differenzierungsfähigkeit des Verfahrens für Kinder mit Migrationshintergrund nachweisen.
Kritik
Es liegt ein zeitökonomisches Verfahren vor, das für den schulbasierten Erwerb von Lesen, Schreiben und Rechnen relevante Vorläuferfähigkeiten überprüft. Trotz des Screeningcharakters weist BASIC-Preschool zufrieden stellende Testgütekriterien auf. Dies wird durch zwei aktuelle Studien zur Validierung des Tests bestätigt.
Kritisch ist anzumerken, dass der Sprachindex keinen Untertest zur phonologischen Bewusstheit enthält, da dieser Leistungskomplex zu den besonders aussagekräftigen Prädiktoren für eine Lese-Rechtschreibstörung gezählt werden kann.
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