Konzeption
Das Verfahren möchte in einem dreistufigen Vorgehen sprachauffällige Kinder identifizieren und im Bedarfsfall spezifische Beeinträchtigungen differenzialdiagnostisch abklären:
- Screening auffälliger Kinder anhand von kritischen Leistungsgrenzen;
- genauere Diagnosestellung;
- Abklärung von Grundvoraussetzungen zum Schriftspracherwerb.
Aufgaben
Das Screening umfasst die Untertests
- Sprache Verstehen (SV): verbale Instruktionen unter Zuhilfenahme von Bildvorlagen (Zeig mir wo dem Jungen ein Hund folgt);
- Grammatikentwicklung (GE): Anhand von Bildtafeln sollen z.B. Plural, Flexionen und Komparative gebildet werden.
Zur Abklärung von Aspekten der phonologischen Bewusstheit:
- Silben Erkennen (SE): unter Zuhilfenahme von Bildern werden Silben separiert, identifiziert und rückwärts angeordnet (Bild: eine in vier Segmente zerlegte Badehose. Instruktionen: Die Teile heißen? [Ba-de-ho-se]; Zeig mal nur auf de und se; Wie heißt das ganze Wort rückwärts gesprochen?).
Erfassung von Gedächtnisaspekten:
- Farbnamen (FN): es werden Farbsequenzen vorgesprochen, das Kind soll die Folgen nachsprechen (z.B. gelb-rot-rot-grau-grün).
Zusätzlich für Vorschulkinder:
- Lesenlern-Test (LT): Erkennen von Wörtern und neuen Einzellauten mithilfe von Bild- und Schriftvorlagen.
Durchführung
Die Durchführung erfolgt hochstandardisiert, die Durchführungsdauer für die Einzeltest beträgt SV ~ 8 Min., GE ~ 7 Min., SE ~ 10 Min., FN ~ 5 Min., LT ~ 10 Min.. Die Protokollierung ist übersichtlich gehalten und einfach zu erlernen.
Auswertung
Die Rohwerte werden mithilfe von Tabellen in Prozentränge überführt, optional können T-Werte abeleite werden. Ein Fallbeispiel im Testhandbuch veranschaulicht die Auswertung.
Interpretation
Die Interpretation der Grenzwerte ist eindeutig, die Verwendung von Prozenträngen und T-Werten zur differenzierten Leistungseinschätzung ist aufgrund der besonderen Skaleneigenschaften (Screeningmerkmale) und nicht dokumentierten Standardmessfehler nur umsichtig vorzunehmen.
Normierung
Das Verfahren wurde 2006 an 14 regional weit gestreuten Standorten in Deutschland normiert, die Gesamtstichprobe umfasst 1267 Kinder, wobei die jüngeren Altersgruppen stärker besetzt sind als die älteren (5. LJ.: n = 365; 6. LJ.: n = 429; 7. LJ.: n = 213; 8. LJ.: n = 137; 9. LJ.: n = 123). Die Stichprobe ist nicht weiter nach demografischen Merkmalen ausgewiesen.
Gütekriterien
Die Standardisierung gewährleistet Durchführungs- und Auswertungsobjektivität, die Verwendung der Standardwerte kann aufgrund der Datenqualität schnell zu Überinterpretationen führen. Zur Reliabilität werden die Skalenkonsistenzen angegeben, die mit Werten zwischen .64 und .96 vor dem Hintergrund eines Suchtests auf gute Homogenitäten deuten. Zur Einschätzung der Validität werden zunächst die Schwierigkeits- und Trennschärfe-Indizes der Items aus den Normdaten des ETS 4 bis 8 dokumentiert, worüber ein Gespür für die Skaleneigenschaften gewinnen lässt (gute Differenzierung im unteren Leistungsbereich, Deckeneffekte). Die Testleistungen nehmen auf allen Skalen kontinuierlich mit dem Alter zu, womit eine Grundvoraussetzung für einen Entwicklungstest erfüllt ist. In einer Studie haben Kinder aus logopädischen Praxen (n = 192) tendenziell geringere Testleistungen gezeigt als die Kinder der Normierungsstichprobe, wenn auch zum Teil in nur geringfügigen Ausmaß. Eine Studie mit Erstklässlern (n = 50) unter Bezug auf die Würzburger Leise-Leseprobe (WLLP; Küspert & Schneider, 1998) liefert erste Hinweise auf Aspekte prognostischer Validität des ETS 4-8 im Hinblick auf den Lernfortschritt bei den Leseleistungen über den Zeitraum eines Jahres.
Kritik
Mit dem ETS 4-8 können Kinder zumeist gut motiviert werden, das Verfahren ist für den Untersucher vergleichsweise leicht zu erlernen und insgesamt sehr übersichtlich gestaltet, das Verfahren ist dabei in aller erster Linie pragmatisch den Erfordernissen eines breiten Anwenderspektrums angepasst. Es wird seriöserweise auf die Problematik der Testung von Kindern mit mehrsprachigem Hintergrund hingewiesen, hiermit aber zugleich auch der Anwendungsbereich des Verfahrens eingeschränkt. Es werden aktuelle Normen auch über den Vorschulbereich hinaus angeboten, was die Attraktivität des Tests gegenüber einigen seiner Konkurrenten steigert. Insgesamt bleibt abzuwarten, wie die weitere Validierung des ETS 4-8 vor dem Hintergrund seiner Zielsetzungen ausfällt.
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