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Entwicklungsbegriff | Neuronale Grundlagen | Entwicklungsstörungen | Entwicklungsrisiken
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durchfuehrung ET 6-6

Entwicklungsdiagnostik

 

 

Der Entwicklungsbegriff in der Entwicklungspsychologie

“[Verschiedenen Forschungstraditionen der Entwicklungspsychologie] … gemeinsam ist, dass sie sich mit Veränderungen und Stabilitäten im Lebenslauf befassen” (Montada, 2002a; S. 3). „Es sind die nachhaltigen Veränderungen, für die sich die Entwicklungspsychologie interessiert. … Mit Entwicklung ist die Transformation eines Ausgangszustands in einen neuen Zustand gemeint, nicht die Ersetzung des Alten durch etwas neues … In einer (entwicklungsbezogenen) Veränderungsreihe werden die jeweils vorausgehenden Schritte … als notwendige Voraussetzungen für die folgenden angesehen“ (Montada, 2002a, S. 15).

 

Eine Entwicklungsdefinition

“Entwicklung erscheint dann als eine Reihe von ... miteinander zusammenhängenden Veränderungen, die bestimmten Orten des zeitlichen Kontinuums eines individuellen Lebenslaufs zuzuordnen sind.” (Thomae, 1959; S. 10).

 

Historische Sichtweisen von Entwicklung

Nach einem traditionellen Verständnis vollziehen sich Entwicklungsprozesse (1) in geordneten Sequenzen (Sequenzialität), (2) sind nicht umkehrbar (Irreversibilität), (3) sind auf einen höherwertigen Endzustand gerichtet (Unidirektionalität), (4) sind für alle Individuen identisch (Universalität) und (5) sind qualitativ-struktureller Natur (Strukturalismus).
In der modernen Sichtweise werden einige Ergänzungen oder Modifikationen vorgenommen. Demnach vollziehen sich Entwicklungsprozesse (1) als Wandel eines Ausgangszustands, (2) sind innerhalb gewisser Grenzen oder im Rahmen bestimmter Phänomene durchaus umkehrbar (Transitorische Regressionen, U-förmige Entwicklungsverläufe) und (3) finden häufig weniger im Rahmen von Stufen als von komplexen, bereichsübergreifenden Veränderungsmustern statt. (4) Entwicklungsziele (Endpunkte) sind vor allem jenseits der Kindheit häufig nicht mehr eindeutig formulierbar, und (5) die Unterscheidung qualitativer und quantitativer Veränderungen muss nicht im Gegenstand selbst liegen, sondern kann in der Art der Erfassung begründet sein (vgl. Filipp & Doenges, 1983).

 

Entwicklungstheorien

Einige Entwicklungstheorien, die (auch) für das Kindesalter von großer Bedeutung sind, wurden zum Beispiel von Freud, Piaget, Bronfenbrenner formuliert. Von besonderer Bedeutung für die Entwicklungsdiagnostik und die Konstruktion von Entwicklungstests ist die Theorie der kognitiven Entwicklung von Jean Piaget. Piaget (Piaget & Inhelder, 2000; s.a. Sodian, 1998; Montada, 2002b) beschreibt das kognitive Entwicklungsgeschehen im Kindesalter auf der Ebene von Äquilibration (Suchen und Finden von Gleichgewicht), die unter den adaptiven Grundprozessen Assimilation (Umweltgegebenheiten werden in ihrem Verständnis, Bewertung bisherigen Erfahrungen angepasst) und Akkomodation (bei nicht mehr möglicher Anpassung müssen die Bewertungsschemata verändert werden) stattfindet. Piaget beschäftigte sich besonders an kindlichen Denkfehlern, da sie bestimmte Formen oder Strukturen des Denkens offen legen. Er beschrieb darauf hin ein Stufenmodell, innerhalb dessen frühere Stufen notwendige Voraussetzungen für die folgenden Stufen darstellen:

  • sensumotorisches Stadium (ca. 0-2 J.),
  • präoperationales Stadium (ca. 2-7 J.),
  • Stadium konkreter Operationen (ca. 7-11 J.),
  • Stadium formaler Operationen (ab ca. 11 Jahren).

Jedes dieser Stadien ist durch spezifische Klassen kognitiver Operationen (Entwicklungsqualitäten) gekennzeichnet, wobei die einzelnen Stadien die grobe Struktur einer Entwicklungsfolge aufzeigen.

    Beispiel: Stadien der kognitiven Entwicklung nach Piaget (Schemata der Objektpermanenz)

    Ein “Schema” ist ein strukturiertes Verhaltensmuster, das eine spezifische Form der Interaktion mit der Umwelt widerspiegelt. Für Piaget gehört alles Wiederholbare und Generalisierbare einer Handlung zu einem Schema.

     1. Sensumotorisches Stadium

    • 0-4 Monate: Modifikation von Reflexen; erste Koordination von Schemata (z.B. Saugreflex vs. intentionales Greifen und Saugen)
    • 4-8 Monate: Koordination von Schemata; Erzielen von Effekten in der Umgebung (jedoch ohne Anzeichen von Mittel-Ziel-Koordination)
    • SCHEMA: Keine Suche nach verdeckten Objekten (Objektfortbestand nur nach perzeptueller Evidenz).
    • 8-12 Monate: “intelligente” Mittel-Ziel-Verbindungen
    • SCHEMA: Suche nach verdeckten Objekten, aber A-nicht-B-Fehler (prinzipieller Objektfortbestand ohne perzeptuelle Evidenz; mangelnde Differenzierung von Objekt und eigener Handlung: “Suche unter A und erziele einen interessanten Effekt”).
    • 12-18 Monate: Problemlösen nach Versuch und Irrtum, aktives Experimentieren.
    • SCHEMA: Suche nach Objekten dort, wo sie zuletzt gesehen wurden (Objektfortbestand ohne örtlich Anknüpfung an sein Verschwinden).
    • 18-24 Monate: Entdeckung neuer Mittel durch mental repräsentierte Schemata; verzögerte Imitation; Symbolspiel.
    • SCHEMA: unsichtbare Objektverlagerungen werden durch schlussfolgerndes Denken rekonstruiert (vollständige Objektpermanenz, systematische Suche).

    2. Präoperatorisches Stadium

    • Bildung mentaler Repräsentationen von Zuständen und Ereignissen der Welt, jedoch Unfähigkeit Operationen über die Repräsentationen auszuführen; zahlreiche “Denkfehler”, “Egozentrismus”, z.B. Nichtkonservierung von Masse, Gewicht, Volumen und Zahl (z.B. Mengenkonstanz: hoher Pegel = viel, niedriger Pegel = wenig; Reversibilität des Umschüttens mental nicht möglich; das Vorschulkind repräsentiert Zustände, das Schulkind Transformationen).

    3. Stadium konkreter Operationen

    • Erwerb “logischer Operativität” in Form von z.B. Operationssystemen (Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division), Invarianz, transitive Schlüsse (A>B und B>C, was ist größer: A oder C?), soziale Perspektivübernahme (kindliche Moral: Ereignisse werden nicht nach dem Schaden, sondern auch nach der Absicht beurteilt), Überwindung des Animismus (unbelebten Objekten werden Gedanken, Ziele, Gefühle zugebilligt).

     4. Stadium formaler Operationen

    • “Hypothetisches” oder “theoretisches” (“wissenschaftliches”) Denken. Operationen werden nicht mehr nur auf Gegenstände, sondern auf Operationen angewandt (Beispiel: “Wovon hängt die Pendelfrequenz ab?”).
    • Grundschulkinder experimentieren unsystematisch, produzieren Effekte, oft ohne Hypothesen zu formulieren und zu überprüfen; wenn sie Hypothesen testen, manipulieren sie oft mehrere Variablen gleichzeitig und ziehen aus solchen “Pseudo-Experimenten” ungerechtfertigte Schlüsse.
    • Ältere Kinder erstellen einen Lösungsplan, testen systematisch Ursachenfaktoren unter kontrollierten Bedingungen und interpretieren unvoreingenommen; Reflektionen über das eigene Denken.

     “Nicht alle Individuen erreichen diesen Zielzustand, aber wenn er erreicht wird, bietet er die strukturelle Grundlage für alle komplexen geistigen Leistungen” (Sodian, 1998, S. 156).

Während ursprünglich in der Entwicklungsdiagnostik Entwicklung mit Reifung gleichgesetzt wurde (vgl. Gesell & Amatruda, 1941), setzt sich heutzutage eine differenzierte Sichtweise durch. Dabei lassen sich verschiedene Ansätze für Anlage-Umwelt-Modelle beschreiben:

    1. Dualistische Ansätze (entweder Anlage oder Umwelt sind allein entwicklungsbestimmend): 

    • Präformationslehre: die menschliche Entwicklung ist Folge eines genetischen („göttlichen“) Plans; den prägnantesten Ausdruck fand diese Vorstellung in der Homunkulustheorie, nach der der Mensch bereits im Samen vollständig vorgebildet ist und Entwicklung lediglich einen „Vergrößerungsprozess“ darstellt.
    • Tabula-Rasa-Ansätze: unbegrenzte Beeinflussbarkeit der Entwicklung durch Umwelt und Erziehung. „Geben Sie mir ein Dutzend gut gebaute Säuglinge … und ich trainiere (irgendeinen von ihnen) …, ein beliebiger Spezialist zu werden – Arzt, Rechtsanwalt, Kaufmann, ja, selbst Bettler oder Dieb.“ (zit. nach Petermann, Niebank & Scheithauer, 2004, S. 240).
       

    2. Interaktionstheorien (gemeinsame Prägung von Entwicklungsmerkmalen durch Anlage und Umwelt): 

    • Proportions-/bzw. Additionstheorien: genetische und umweltbezogene Faktoren wirken zwar zusammen, sind aber voneinander abgrenzbar, z.B. getrennt quantifizierbar.
    • Dynamische Interaktionstheorien: Gene und Umwelt wirken interaktiv, wobei die Art und das Ausmaß des Zusammenwirkens häufig nicht bestimmbar sind. Die Gene eröffnen Möglichkeiten und Beschränkungen des denkbaren Entwicklungsspielraums (genetische Prädisposition), die tatsächlichen Entwicklungspfade sind jedoch zugleich umweltdeterminiert.

In der seit 200 Jahre währenden, historischen “Anlage-Umwelt-Debatte” (nature-nurture) ist die ursprüngliche Fragestellung “Anlage oder Umwelt” einem erweiterten Verständnis (Anlage und Umwelt!) gewichen. Petermann et al. (2004) vertreten dabei die Auffassung, dass aktuell in Folge der Erfolge der Genforschung die Bedeutung genetischer Einflüsse überschätzt zu werden droht: so bestehe die Gefahr, “zu weit zu gehen und anzunehmen, psychische Störungen seien genetisch vorprogrammiert und man bräuchte nur noch nach einzelnen Genen bzw. einfachen neurochemischen Auslösern zu suchen” (Petermann et al., 2004, S. 240).

 

Entwicklungstest: Primäremotionen

Entwicklungstest: visuomotorische Koordination

Entwicklungstest: Explorationsverhalten

Entwicklungstest: Handlungsstrategien

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© 2007 Thorsten Macha

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